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Lübeck, 29.Februar 2004







Erfolg bei der postoperativen Behandlung von Patienten, die an Nierenkrebs erkrankt sind?

Lübeck - In diesen Tagen stehen die Urologie der Lübecker Uniklinik, geleitet von Dieter Jocham und das in Hannover ansässige Unternehmen LipoNova GmbH , im Mittelpunkt des Medieninteresses.
Grund ist eine am 21. Februar 2004 in dem renommierten Fachblatt "Lancet" (http://www.lancet.com) veröffentlichte Studie, mit der die Wirksamkeit einer Krebsimpfung nachgewiesen werden soll. Die vorgestellte Behandlung bezieht sich auf die spezielle Krebsart: "Nierenzellkarzinom".



Jährlich werden in der Bundesrepublik 14.000 Neuerkrankungen an Nierenkrebs festgestellt, Tendenz um zwei Prozent pro Jahr steigend. Bei Männern liegt die Häufigkeit bei ca. neun Neuerkrankungen auf zehntausend Einwohner, bei Frauen bei ca. fünf auf zehntausend Einwohnerinnen. Signifikante Unterschiede zu diesen Zahlen wurden nur bei der schwarzen männlichen Bevölkerung in den USA festgestellt, hier liegt die Rate bei ca. siebzehn Neuerkrankungen pro Jahr auf zehntausend. Eine Häufung von Neuerkrankungen ist im fünften und sechsten Lebensjahrzehnt zu beobachten. Diese Zahlen beziehen sich auf die Industrieländer,. Für Entwicklungsländer liegen entweder keine Zahlen vor oder falls Erhebungen getätigt wurden, so ergab sich, dass Nierenzellkarzinome dort sehr viel seltener auftreten. Dies ist sicher nicht nur in den unterschiedlichen Umweltbedingungen begründet sondern auch in der generell niedrigeren Lebenserwartung in den Ländern der dritten Welt.
Die Standardtherapie ist die operative Entfernung der befallenen Niere, der anhängenden Nebenniere und des umliegenden Lymphgewebes (radikale Nephrektomie), in einem frühen Stadium auch nur die organerhaltende Entfernung des Primärtumors. Wichtigste Prognosefaktoren für die weitere Entwicklung der Erkrankung sind das Tumorstadium (Größe des Tumors) und eine etwaige Metastasenbildung. Bei einer relevanten Patientenzahl kommt es im weiteren Verlauf der Erkrankung zum Tumorprogress, der Bildung von Metastasen. Bisherige Untersuchungen haben ergeben, dass nach fünf Jahren noch etwa 62 Prozent der Erkrankten leben, nach zehn Jahren etwa 40 Prozent. Dies sind nur Durchschnittswerte, Unterschiede ergeben sich durch die verschiedenen Tumorstadien. Der Verlauf der Erkrankung ergibt bei kleinen, früh entdeckten Tumoren eine günstigere Prognose als bei größeren Tumoren, allerdings existieren auch noch weitere auf die Prognose Einfluss nehmende Faktoren.
Nierenzellkarzinome und deren Metastasen zeichnen sich durch ihre Resistenz gegen Chemo- oder Strahlentherapie aus.
Die Strahlentherapie wird meist nur zur palliativen Behandlung von Knochen- und Hirnmetastasen eingesetzt.
Die für den Patienten häufig sehr belastende Chemo- und auch die Hormontherapie zeitigten keine oder nur geringe Erfolge.
Die Immuntherapie hat sich daher in den letzten Jahren zu einem Standard entwickelt. Im Mittelpunkt stehen dabei Interferon alpha und Interleukin-2. Allerdings kann auch diese Behandlung starke Nebenwirkungen auslösen. In manchen Fällen wird versucht sie mit einer Chemotherapie zu kombinieren.
Bei der klinischen Weiterentwicklung der Nierenkrebsbehandlung tritt derzeit die aktive Immunisierung ("Imfpung" oder Vakzination) in den Vordergrund. Man hofft, dass die Gabe von inaktivierten Tumorzellen zu einer gezielt gegen den Tumor gerichteten Immunantwort des Erkrankten führen könnte. In den letzten Jahren wurden sogenannte Krebsimpfungen zur Nachbehandlung von operativ entfernten Nierenzellkarzinomen des öfteren propagiert, unter anderem von Wissenschaftlern der Universität Göttingen. Leider konnten Erfolge in der Vergangenheit selten nachgewiesen werden. Die in Göttingen angefertigte Studie erwies sich im Nachgang als Fälschung, einige der beteiligten Forscher verloren ihre Reputation und ihre Ämter.

Die vorliegende Studie der Lübecker Urologen zur Krebsimpfung unterscheidet sich schon im Ansatz von der Göttinger Methode. Die Lübecker setzen auf einen Impfstoff, der durch modernste biotechnische Verfahren gewonnen wurde. Die Göttinger versuchten einen Impfstoff durch die Verschmelzung dendritischer Zellen mit Tumorzellen zu gewinnen. Die Lübecker hofften auf die Verhinderung der Metastasenbildung nach erfolgter Operation, die Göttinger versuchten sich daran, schon aufgetretene Metastasen zu heilen. Die Lübecker Urologen scheinen auch besser als ihren Göttinger Kollegen gegen Irrtümer gerüstet. Hierfür spricht, dass sie ihre Studie nach international anerkannten Richtlinien für "Good Clinical Practise" angefertigt haben, wie der Leiter der Untersuchungen, Professor Jocham, im Interview mit den Lübecker Nachrichten betonte. Der Interviewte führte als weitere Belege für die Wahrhaftigkeit der Studie aus, dass es einen wissenschaftlichen Beirat gab und dass die Unterlagen vor der Veröffentlichung durch externe Gutachter genauestens geprüft worden seien.
In dem selben Interview erläutert Professor Jocham auf die Frage, ob durch die neue Behandlungsmethode die Sterblichkeitsrate wesentlich gesenkt werden könne, dass eine exakte Aussage noch nicht möglich sei.
Aus den Zahlen der im Lancet veröffentlichten Studie geht hervor, dass die Therapie nach momentanen Erkenntnissen bei einem von acht behandelten Patienten wirksam ist. Besonders vorteilhaft scheint nach den Zahlen der Studie die Behandlung bei Tumoren im Stadium T3 zu wirken.

In der Folge wird das Verfahren einmal in Kürze geschildert. Das den Patienten stammende Tumormaterial wurde von dem Medizinunternehmen LipoNova, in deren Auftrag die Studie durchgeführt wurde, aufbereitet. Dazu wurde in der Operationsphase unter sterilen Bedingungen eine etwa zehn Gramm schwere Gewebestück aus der Peripherie des Tumors entnommen. Die Probe wurde gekühlt, verpackt und ohne Zeitverlust durch Kurier zu den Laboratorien der LipoNova gebracht.
Dort stellten die Beschäftigten der LipoNova aus der Gewebeprobe den Impfstoff her. Hierzu wurden nach verschiedenen Separationsverfahren die Tumorzellen der Einwirkung von Interferon (Imukin; Boehringer; Ingelheim, Deutschland) - das ansonsten zur Behandlung von metastasierendem Nierenkrebs eingesetzt wird - und Tocopherolacetat (E-Vicotrat; Heyl, Berlin, Deutschland) - landläufig Vitamin E - ausgesetzt. Nach erfolgter Inkubation wurden die Zellen mehrere Male gewaschen, um sie von etwaigen Resten der eingesetzten Mittel zu befreien. Die Tumorzellen wurden anschließend mit einer glukoseangereicherten Kochsalzlösung versetzt und zur Devitalisierung mit minus zweiundachtzig Grad schockgefroren. Die Einhaltung der Sterilität wurde sorgfältig überprüft. Es wurden keine Antibiotika eingesetzt. Die Vakzine wurde bis zum Versand weiterhin mit minus zweiundachtzig Grad gekühlt. Der Versand erfolgte auf Trockeneis und das Produkt wurde bei minus achtzehn Grad bis zum Einsatz gelagert. Der gesamte Produktionsprozess wurde in Einklang mit den Vorgaben der "good manufacturing practise" durchgeführt.
Sechs Dosen des individuell angefertigten Impfstoffes wurden den Patienten sechs Mal in Vierwochenabständen in den Oberarm injiziert. Die Verabreichung der Vakzine erfolgte entweder in den Ambulanzen der beteiligten Kliniken oder den Praxen der behandelnden Urologen. Nebenwirkungen traten nur sehr selten und wenn überhaupt in milder Form auf.
Die Patienten wurden alle sechs Monate gründlich nachuntersucht.
Die gesamte Studie wurde nach den Vorgaben der WHO gefertigt und, folgt man dem vorliegenden Bericht, mit größter Sorgfalt durchgeführt.
Der Presse war zu entnehmen, dass sich die Kosten einer Therapie auf € 18.000 pro behandeltem Patient belaufen sollen. Zur Zeit werden die Kosten noch nicht von den Krankenkassen übernommen. Dies wird sich möglicherweise ändern, wenn die LipoNova mir ihren Bemühungen um ein beschleunigtes und vereinfachtes Zulassungsverfahren Erfolg hat und das Behandlungsverfahren zugelassen wird. Der entsprechende Antrag wurde bei der Europäischen Zulassungsbehörde (EMEA) gestellt. Die Zulassung wird für Ende 2004 erwartet. Eine auf der angestrebten Basis erteilte zentrierte Zulassung würde in dieser Indikation eine 6 bis 10-jährige Marktexklusivität in den Mitgliedstaaten der EU garantieren. Ob schon heute eine Behandlung möglich ist, war nicht in Erfahrung zu bringen.

Schon jetzt bietet die LipoNova an, Tumorgewebe vorsorglich und in Hinsicht auf weitere Entwicklungen in der Behandlung von Nierenzellkarzinomen einzulagern:
"Prinzipiell existieren bei LipoNova zwei Möglichkeiten der Tumorgewebeeinlagerung:
Die Einlagerung in der patienteneigenen Gewebebank der Stiftung PATH, zur späteren Nutzung für diagnostische Zwecke oder zur späteren Herstellung von Medikamenten auf autologer Zellbasis. Die Einlagerung zur Herstellung einer autologen Tumorvakzine.
Für die Einlagerung von Tumorgewebe bei LipoNova, fallen Kosten von einmalig € 500,00 und jährliche Lagerkosten von € 100,00 an."
Die Kosten werden allerdings nur fällig, wenn der Patient den Vertrag aufkündigt oder sich nach eine Dauer von fünf Jahren nicht dazu entschliesst der LipoNova das Material zu überlassen.
Inwieweit dieses eingelagerte Material später für eine Therapie verwendet werden kann, dazu soll es noch keine Erkenntnisse geben.

In einem Artikel des Deutschen Ärzteblattes wird die Meinung zweier Kommentatoren des Lancet zu der Studie wie folgt wiedergegeben:

"Doch Mayer Fishman und Scott Antonia vom H Lee Moffitt Cancer Center and Research Institute in Tampa in den USA teilen die Beurteilungen der deutschen Kollegen nur teilweise (Lancet 2004; 363: 582-3). Die beiden Kommentatoren zeigen sich zwar beeindruckt von der logistischen Leistung, einen individuellen Impfstoff für so viele Patienten innerhalb kurzer Zeit herzustellen.
Die Ergebnisse werten sie als "Immunologischen Durchbruch" und ein Meilenstein in der Forschung auf diesem Gebiet. Doch die Studie habe methodische Schwächen.
Zum einen waren ursprünglich 553 Patienten für die Studie vorgesehen, von denen dann nur 379 Teilnehmer übrig blieben. Ein solch hoher Patientenverlust nach der Randomisierung kann die Ergebnisse verfälschen ("Bias"), vor allem in einer nicht-blinden Studie. Es könnte sein, dass bevorzugt Patienten mit guten Therapieaussichten behandelt wurden, während die mit primär schlechter Prognose herausfielen. Dies geschieht in einer Studie, in der die Ärzte naturgemäß an einem Erfolg glauben, häufig unbewusst."

Der Fairness halber sollte man erwähnen, dass die Kommentatoren des Lancet zu dem Punkt Patientenverlust nach Randomisierung darlegten, dass die Gründe für den Ausfall von 174 der ursprünglich 553 ( 32 % ) Patienten in der Lübecker Studie detailliert dargelegt wurden. Auch der Autor dieses Artikels hatte nach Lesen der Studie diesen Eindruck.

Weiter aus der deutschen Ärztezeitung:

"Der zweite Einwand der Kommentatoren betrifft den Endpunkt. Das progressionsfreie Überleben gilt heute in klinischen Studien nur als zweite Wahl. Besser wäre eine Aussage zum Gesamtüberleben gewesen, meinen Fishman und Antonia, die Angaben hierzu in der Publikation vermissen.
Aus diesem Grund mögen die Kommentatoren zum derzeitigen Zeitpunkt in der Vakzination keine Standardtherapie erkennen. Sie fordern weitere Studien auf diesem Gebiet.
Die Studienleitung begründet den Verzicht auf den Endpunkt Gesamtüberleben damit, dass viele Patienten nach einem Rezidiv Folgebehandlungen erhalten, die zu schweren Nebenwirkungen führen. Außerdem würden viele Patienten in Studien mit unterschiedlichen experimentellen Ansätzen weiterbehandelt. Vor diesem Hintergrund sei es schwer, den Erfolg der adjuvanten Therapie zu beurteilen.
Die Beurteilung der Studie fällt unterschiedlich aus. Während die Autoren die Therapie für Patienten mit Tumoren von über 2,5 cm Durchmesser bei der Operation empfehlen, vermögen die Kommentatoren zum derzeitigen Zeitpunkt in der Vakzination keine Standardtherapie zu erkennen."


Die AUO, Arbeitsgemeinschaft urologische Onkologie e.V., ein Organ der Deutschen Krebsgesellschaft e.V. ist für die Durchführung qualitativ hochwertiger urologisch-onkologischer Studien zuständig.
Die AUO hat die Studie:

"AUO Nr.: AN13/96 Niere
Titel: Kontrolle vs. Adjuvante Tumorvakzine beim lokal fortgeschrittenen Nierenzellkarzinom pT2-3bN0 und T1-4N+
Studienleiter: Herr Prof. Dr. med. Dieter Jocham"

abgelehnt. Gründe hierfür wurden nicht genannt.

Die LipoNova, eine in Hannover ansässige, in Lübeck 1998 - zeitnah zum Beginn der vorgestellten Studie - gegründete Firma, wurde in den Folgejahren mit Risikokapital ausgestattet. Sie stützt anscheinend ihren wirtschaftlichen Erfolg in der Hauptsache auf die untersuchte Therapie der Krebsimpfung und die Einlagerung von Tumorgewebe. Des weiteren stellt die LipoNova für den Fall, dass kein geeignetes Tumorgewebe vorhanden ist, Impfstoff auf der Basis dendritischer Zellen her. Dieses Verfahren ist jedoch nicht von den Kassen anerkannt und die Kosten hierfür werden nur in speziellen Fällen oder gar nicht übernommen. Die LipoNova stellt externen Ärzten und Apothekern ihre hochmodernen Reinraum-Produktionsanlagen in Hannover auch zur Lohnherstellung von Produkten (Zelltherapeutika, Produkte zur Tumorvakzinierung bei verschiedenen Tumorentitäten, usw.) zur Verfügung.
Die Gründerin der LipoNova, Frau Claudia Ulbrich (35), hat in Lübeck und Hannover studiert sowie in Hannover einen Doktorgrad der Medizin erworben. Ihr Fachgebiet ist die Urologie und hier hat sie sich auf die Behandlung sowie die Erforschung von Nierenzellkarzinomen spezialisiert.

Die von dem Lübecker Team um Professor Jocham vorgestellte Therapie und der von der LipoNova entwickelte Impfstoff wecken Hoffnungen. Möglicherweise wurde eine Methode gefunden, die in der Zukunft neue Behandlungsmöglichkeiten nicht nur zur Verhinderung der Metastasenbildung bei Nierenzellkarzinomen bietet, sondern auch bei anderen Krebsarten verwendet werden kann.
Ob die Beteiligten erst am Anfang eines langen Weges stehen und noch intensive Forschungsarbeit nötig ist, um zu einem für Patienten, Ärzte und Arzneimittelproduzenten befriedigenden Ergebnis zu kommen oder ob die Therapie zu einem Standard werden wird, darüber gehen die Meinungen auseinander.

Zur Zeit bietet die möglichst frühe Erkennung eines Nierenzellkarzinoms die besten Heilungschancen.

Klaus Helfrich 29. Februar 2004

Quellen:
http://www.aerztezeitung.de
http://www.aerzteblatt.de
http://www.auo-online.de
http://www.biotech-europe.de
http://www.essential-invest.de
http://education.guardian.co.uk
http://home.t-online.de/home/Bernhard.Hiller
http://www.kmt.at
http://www.krebsinformation.de
http://www.liponova.de
http://www.ln-luebeck.de
http://www.pa-t-h.de
http://www.shsvc.net
http://www.tagesspiegel.de
http://www.thelancet.de
http://www.zeit.de






Kommentar von Klaus Helfrich

Mich beschäftigten Nierenkrebs und seine Behandlungsmöglichkeiten, da ich selbst an einem Nierenzellkarzinom erkrankt war.
Ende 1999 wurde im Rahmen einer Krebsvorsorgeuntersuchung ein kleiner Tumor der Größe T1 (2,5 Zentimeter) auf der linken Niere festgestellt. Siehe auch meinen Bericht hierzu:
"Krebsvorsorgeuntersuchung braucht jeder, früher oder später"
Am 11.01.2000 wurden der Tumor, meine linke Niere, die anhängende Nebenniere sowie umliegendes Lymphgewebe entfernt (radikale Nephrektomie). Die Operation wurde unter der Leitung von Professor Fornara (heute tätig an der Uniklinik Halle) in der urologischen Chirurgie der Uniklinik Lübeck durchgeführt. Auf Grund der Operation und des anschließenden Klinkaufenthaltes sind mir sowohl Professor Jocham als auch Oberarzt Dr. Doehn, der wesentlich an der Studie beteiligt war, bekannt, sie werden sich nicht an mich erinnern, denn im Laufe der Jahre sind sie vielen Patienten begegnet.
Metastasen wurden bei mir nicht festgestellt und traten auch bis zum heutigen Zeitpunkt (Februar 2004) nicht auf. Trotzdem war ich erfreut, als ich noch im Jahr meiner Operation die Meldung von einem bahnbrechenden Erfolg bei der Behandlung des metastasierenden Nierenzellkarzinoms las. In Göttingen hatten dortige Urologen mit einer sogenannten Krebsimpfung angeblich die Rückbildung von Metastasen bei einer relevanten Anzahl von Erkrankten erreicht. Ich setzte mich aus vorsorglichem Interesse telefonisch mit der Klinik in Verbindung und erhielt die Auskunft, dass ich ja zu meinem Glück nicht zu den Betroffenen zählen würde und meine Chancen gut seien, dass dies auch in Zukunft so bleiben würde. Ich war jedoch froh, dass es für den Fall der Fälle noch einen Rettungsanker geben könnte.
Vor jeder der regelmäßig stattfindenden Nachsorgeuntersuchungen, in die ich stets mit einem unguten Gefühl ging, half mir das ins Gedächtnisrufen der Göttinger Studie über meine Ängste hinweg. Um so größer war meine Enttäuschung, als ich eher beiläufig 2003 im Rahmen einer Suche im Internet davon erfuhr, dass sich diese Studie als eine grobe Fälschung herausgestellt hatte. Trotzdem sehe ich heutzutage Nachsorgeuntersuchungen gelassener entgegen, denn ich habe mein Schicksal angenommen - so hoffe ich zumindest. Ich habe mich seit meiner Erkrankung intensiv mit dem Schreiben von Artikeln und belletristischen Texten befasst, eine Übersicht der meisten von mir verfassten Texte finden Sie bei Interesse im Archiv von "FAKT und FAKE".
Als ich in den letzten Tagen von den Erfolgen der Lübecker Urologen um Professor Jocham und der LipoNova in meiner Tageszeitung, den Lübecker Nachrichten, las, war ich von Skepsis erfüllt. Wieder eine dieser schon häufig propagierten "Impfmethoden", dachte ich bei mir und entschloss mich, einen Artikel zu dem Thema zu schreiben. Erste Recherchen im Internet schienen meine skeptische Grundhaltung zu bestätigen. Insbesondere ein sehr kritischer Beitrag in der Onlineausgabe des Deutschen Ärzteblatts und die Ablehnung der Studie durch die AUO (Arbeitsgemeinschaft urologische Onkologie e.V., ein Organ der Deutschen Krebsgesellschaft e.V.) hielt ich für Belege für mangelnde Seriosität. Ich schrieb also meinen Artikel, gespickt mit Zitaten. Die Veröffentlichung im Lancet lag mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht vor.
Den Artikel sandte ich an die LipoNova und Professor Jochem mit der Bitte um Stellungnahme. Von Professor Jocham erhielt ich bis zum heutigen Tage keine Antwort. Die LipoNova, vertreten durch Ihre Geschäftsführerin Frau Dr. Ulbrich antwortete umgehend und teilte mir mit, dass der Artikel im deutschen Ärzteblatt Unrichtigkeiten enthielte, die inzwischen korrigiert seien. Des weiteren führte Frau Dr. Ulbrich folgendes aus:
"Wie Sie wissen, befinden wir uns gegenwärtig mit unserem Produkt im arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahren. Da es uns in dieser Phase gesetzlich nicht erlaubt ist, mittels der Veröffentlichung von Pressemitteilungen durch Dritte Werbung zu machen, sehen wir derzeit keine Möglichkeit Ihrem Ansinnen zu entsprechen."
Meine Nachfrage beim Deutschen Ärzteblatt ergab, dass die LipoNova mit anwaltlicher Hilfe die Änderung des Artikels erreicht hatte. Das jetzt in meinem Text verwendete Zitat entspricht der korrigierten Nachricht. Das deutsche Ärzteblatt stellte mir freundlicherweise den Originalartikel des Lancet zur Verfügung.
Nach gründlichem Lesen der Studie und des Kommentars bin ich zu dem Schluss gekommen, dass die Studie nach bestem Wissen und Gewissen durchgeführt worden war und sehe auch einen Großteil der Einwände der Kommentatoren entkräftet. Wohlgemerkt, die von mir getroffene Aussage gibt nur meine Meinung, die eines interessierten Laien, wieder.
Wäre ich in der Situation, dass bei mir ein Nierenzellkarzinom in den Stadien T2 bis T4 festgestellt worden wäre und wenn noch keine Metastasen zu erkennen wären, so würde ich mich um die Behandlung mit dem von der LipoNova und Professor Jocham kreierten Verfahren bemühen. Auch ein von mir befragter Urologe stimmte dieser Ansicht zu.
Mir ist nicht bekannt, ob man schon vor Zulassung durch die "Europäische Zulassungsbehörde" eine Behandlung erhalten kann.
Man sollte jedoch bei der Auseinandersetzung mit allen Therapieansätzen und als neu oder revolutionär bezeichneten Methoden in der Behandlung von Krebserkrankungen nie aus dem Auge verlieren, dass von einigen Therapieanbietern nach dem Motto gehandelt werden könnte: "In einer solchen Situation greift jeder nach dem letzten Strohhalm". Wie wahr diese Feststellung ist, musste ich erfahren, als ich kurz nach der Operation in der Klinik den Besuch eines flüchtigen Bekannten erhielt. Dieser versuchte doch allen Ernstes mir mit dem zitierten Spruch bezüglich des "letzten Strohhalmes" eine mit Magneten gespickte Matratze für umgerechnet ca. 1.000 Euro zu verkaufen, die mich vor weiteren Folgen meiner Krebserkrankung schützen sollte.

Wichtige Links für den Fall, dass Sie oder ein Angehöriger an einem Nierenzellkarzinom erkrankt sind.
Einfach die Zeile mit der Maus anklicken und Sie werden zu der Seite weitergeleitet.
http://www.nierenkrebs.de
http://www.krebs-kompass.de/Forum/showboard.php3?id=13&UIN=
http://www.krebsinformation.de/body_ka_nierenzellkrebs.html
http://www.krebsgesellschaft.de
http://www.krebshilfe.de
http://www.netdoktor.de/krankheiten/fakta/krebs.htm
http://www.onkologie.de/public/krebs/krebsarten/c_nierenkrebs.html
http://www.meinkrebs.de
http://www.krebssprechstunde.de
http://www.aerztlichepraxis.de





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kh 2004-29-02




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